Über das Glück zu den gesellschaftlichen Herausforderungen
Im Ethikunterricht treffen der griechische Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) und der Königsberger Denker Immanuel Kant (1724 – 1804) aufeinander. Diskutiert wird, wie der Mensch glücklich wird: Der tugendhafte Gebrauch der Vernunft führt laut Aristoteles zum Glück. Kant entgegnet: Wir sind nicht allwissend, außerdem können wir die Reaktionen unserer Mitmenschen auf unser Handeln oder Nichthandeln kaum vorhersagen. Glückseligkeit ist nach Kant keinesfalls ein Ideal der Vernunft, sondern lediglich eine Folge der individuellen Einbildungskraft. Es gibt also kein Rezept fürs Glück, wie Aristoteles das glaubte.
Die Schülerinnen und Schüler erörtern im Ethikunterricht verschiedene philosophische Standpunkte und erarbeiten deren Tragweite. Am Ende der Betrachtung steht die eigene Beurteilung. Im Fach Ethik werden die Religionen keinesfalls ausgeklammert, sind sie doch Bestandteil fast aller Kulturen und Leitfaden vieler Menschen für moralisches Handeln.
Die Möglichkeiten der Wissenschaft, zum Beispiel der Medizin, stoßen immer wieder an ethische Wertvorstellungen: Soll eine Frau bis kurz vor der Geburt ein ungeborenes Baby abtreiben dürfen? Oder: Ist die aktive Sterbehilfe, die in sehr wenigen Ländern mit Einschränkungen erlaubt ist, sittlich und moralisch als „Erlösung“ vom persönlichen Leiden gerechtfertigt? Die unbekannten Folgen der Gentechnik, der dauerhaft strahlende Atommüll oder die heikle Kriegswaffentechnik sind Themen, die einer differenzierten Betrachtung unterzogen werden.
Ethik berührt interkulturelle Auseinandersetzungen: Wenn im Herrschaftsbereich der Al-Kaida gemäß einer extremen Auslegung des islamischen Rechtes, der Scharia, Frauen lebendig begraben werden, weil sie ihren Ehemann nicht vorgesetzt bekommen, sondern selber auswählen wollten – ist es dann nicht Aufgabe, sich im Namen der weltweit geltenden Menschenrechte der Vereinten Nationen wegen der mittelalterlich anmutenden Strafmaßnahmen einzumischen – oder hat die Haltung „Andere Länder, andere Sitten“ auch ihre Berechtigung?
Ethik schult die moralische Urteilsfähigkeit
Ethik ist praktische Philosophie. Ein wichtiges Unterrichtsziel ist, verantwortungsvoll handelnde Persönlichkeiten zu fördern, die sich dem friedlichen Zusammenleben der Menschen verpflichten. Im Spannungsfeld von Recht und Gerechtigkeit bildet die Ethik ein wichtiges Ideengerüst für eine gut angelegte gesellschaftliche Ordnung.
Anhand theoretischer Erkenntnisse und konkreter Beispiele sollen die Schülerinnen und Schüler eigene Standpunkte entwickeln und diese wiederum kritisch betrachten. Viel Wert wird auf das Begründen der eigenen Meinung und die Diskussion in der Gruppe gelegt. In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Kulturen und den dahinter stehenden Wertvorstellungen soll die Toleranz gefördert, aber auch Werte unserer demokratischen Gesellschaft vermittelt werden.
Ethik- oder Religionsunterricht sind frei wählbar
Seit 2007 wird an der Jacob-Grimm-Schule Ethik als Alternative zum konfessionellen Religionsunterricht in der Einführungsphase zweistündig und in den folgenden zwei Schuljahren der Qualifikationsphase dreistündig pro Woche angeboten. Ethik ist ein Wahl-Pflichtfach. Jede Schülerin und jeder Schüler entscheidet sich entweder für Ethik oder evangelische oder katholische Religion. Auch ein Wechsel von Religion zu Ethik oder umgekehrt ist unabhängig von der Religionszugehörigkeit möglich. Bei durchgängiger Belegung eines dieser Fächer kann es als Prüfungsfach im Abitur gewählt werden.
Das Kerncurriculum Ethik der gymnasialen Oberstufe kann hier angeschaut werden.