Einige Jahre sind vergangen, seitdem LEA als Lea-Marie Becker die Jacob-Grimm-Schule besuchte. Im Jahr 2011 legte sie dort ihr Abitur ab, ging für einige Monate nach Argentinien um in einer Einrichtung für Kinder zu arbeiten und studierte danach Sonderpädagogik in Hannover.
Soweit klingt das alles recht normal. Aber bereits direkt vor ihrer Zeit an der Oberstufe, noch an der Offenen Schule Waldau, war sie zum YouTube-Star geworden, weil ein einfaches Video mit ihrem Song „Wo ist die Liebe hin“, von ihr selbst am Klavier begleitet, regelrecht durch die Decke ging. Inzwischen ist LEA eine der populärsten deutschen Singer-Songwriterinnen, mit ausverkauften Konzerten und dekoriert mit vielen Preisen, aber vor allem mit einer riesigen Fangemeinde, die LEA mit ihren oft melancholischen Songs tief berührt.
Anlass für die Rückkehr zu ihrer alten Schule waren die Dreharbeiten zu einem Special über LEA, das der Sender VOX im Rahmen der zehnten Staffel von „Sing meinen Song“ wahrscheinlich im Frühjahr diesen Jahres ausstrahlen wird. Bei dieser Jubiläumsstaffel wird Gastgeber Johannes Oerding weitere Größen wie Clueso oder Nico Santos begrüßen, die jeweils die Songs der anderen Künstler*innen vortragen werden, wobei es oft zu völlig neuartigen und überraschenden Interpretationen dieser Stücke kommt.
Gerade erst zurück von Dreharbeiten zum eigentlichen „Tauschkonzert“ in Südafrika, wurde LEA an der JGS von ihrer damaligen Tutorin Meike Bachmann und von Schulleiterin Kerstin Otto begrüßt, von der sie im PoWi-Grundkurs unterrichtet worden war.
Nach einer ersten Orientierung in der einst so gewohnten Umgebung mit dem Schulhof und den Lichthöfen des Hauptgebäudes begleitete LEA ihren früheren Musiklehrer Bernd Trusheim zum „Musentempel“, in dem die Fächer Kunst und Musik unterrichtet werden.
Da LEA den Leistungskurs Musik belegt hatte, lud Trusheim sie in seinen aktuellen Leistungskurs ein, um mit der Künstlerin einen ihrer neuesten Songs zu besprechen - eine einmalige Gelegenheit, die Analyse eines Musikstücks mit der Texterin und Komponistin gemeinsam zu erörtern. So wurde der Titel „Fuchs“ im Hinblick auf Text, Musik und Video in den Blick genommen und es stellte sich (zur Beruhigung des Musiklehrers) heraus, dass die aktuellen Schüler*innen den Song ihrer „Vorgängerin“ absolut passend interpretieren können. Einen Gänsehaut-Moment gab es noch, als LEA den Beginn des Songs am Klavier vortrug.
Neben der im Musikunterricht sozusagen üblichen Arbeit an einem Lied gab es noch Gelegenheit für Fragen anderer Art, so etwa zur durchaus nicht einfachen und geradlinigen Entwicklung bis hin zum ganz großen Erfolg sowie zur Entstehung von Texten und Musik in der Zusammenarbeit mit Co-Autor*innen. Anschließend wurden noch Interviewsequenzen im Hauptgebäude gedreht, wobei sich einigen Schüler*innen die Chance für ein kurzes Gespräch und ein Selfie bot, bevor LEA den Heimweg antrat - fast wie früher.
Wir sprachen nach den Dreharbeiten noch mit Bernd Trusheim
Solche Dreharbeiten sind bestimmt eine aufregende Sache. Wie war das für die Schüler*innen?
Dass der Kurs gut damit umgehen konnten, lag unter anderem an der Art und Weise, wie LEA auftrat. Nämlich als Lea-Marie, die „wie früher“ inmitten des Kurses saß und aufmerksam, sympathisch und mit großer Offenheit ins Gespräch ging. Zudem war das ganze Drehteam ausgesprochen freundlich unterwegs. Und da machte es auch nichts aus, wenn zwischendurch der Dreh angehalten wird, wenn Mikrophone eingerichtet werden oder wenn die Stylistin LEAs Frisur und Make-up auffrischt. Davon abgesehen habe ich einfach einen coolen Kurs.
Hat sich LEA seit ihrer Schulzeit verändert?
Diese Frage hat das Fernseh-Team auch gestellt. Ja, sie hat sich enorm verändert. Sie ist eine absolut professionell agierende Künstlerin geworden, die als Frau ein starkes Vorbild ist und sehr bewusst mit dieser Rolle umgeht. Unverändert geblieben ist ihre Freundlichkeit und Zugewandtheit. Als LEA zu uns in die Oberstufe kam, begann ja ein erster Aufstieg mit den vielen Klicks auf YouTube. Sie hat das nie raushängen lassen und war immer ganz unprätentiös. Dass sie das bei all dem späteren Riesenerfolg bewahren konnte, ist großartig.
Wie siehst du als Musiklehrer die ehemalige Schülerin, auch musikalisch?
Ich finde es überzeugend, wenn Musiker*innen nicht nur künstlerisch etwas darstellen können, sondern ihr Metier auch handwerklich beherrschen, und das ist bei LEA der Fall.
Formal gesehen ist LEAs Musik Pop-Musik, und dazu gehört eine bestimmte Gestaltung. Ihre Songs befinden sich diesbezüglich im Mainstream, was aber gerade eine Qualität von Popmusik sein kann. Von unverwechselbarem Charakter ist ihre Stimme mit ihrem besonderen Timbre.
Ich habe im Vorfeld bei unseren Schüler*innen gefragt, was sie von der Musik halten. Da gab es zunächst eine verhaltene Resonanz, vielleicht, weil man in einem bestimmten Alter nicht mehr so offen mit der melancholischen Grundstimmung und mit dem „Herzschmerz“ vieler Songs sympathisieren möchte. Nach einer Weile kamen aber dann mehr und mehr LEA-Fans an die Oberfläche. Ich habe den Eindruck, dass LEA mit ihren Texten und ihrer Musik vielen Menschen aus der Seele spricht und es vermag, Emotionen eine Sprache zu geben, die viele alleine nicht finden würden.
Und das eigene Lieblingsstück?
Ich stehe ja eher auf die etwas lebhafteren Titel, so wie „Schwarz“. Hier gibt es die geniale Textzeile: „Ich trage schwarz, bis es was Dunkleres gibt“. Auf so was muss man erstmal kommen! Außerdem mag ich die mehrstimmigen Passagen in „Fuchs“, hier kommt bei mir der alte Beatles-Fan durch.
Text: Bernd Trusheim
Fotos: Meike Bachmann, mit freundlicher Genehmigung von Jay Music und LEA